Leutschach.Alles ist angerichtet für ein Dacapo der letztjährigen Rebenland-Rallye, die als bislang spannendste in ihrer nunmehr bereits siebenjährigen Geschichte bezeichnet werden kann. Vor der entscheidenden letzten Sonderprüfung trennten Gerwald Grössing und den späteren Sieger Raimund Baumschlager damals nur lächerliche 1,5 Sekunden. Und heuer sind zur Freude tausender Fans beide Piloten wieder dabei. Noch dazu beide mit ihren damaligen Erfolgsboliden - Baumschlager im Skoda Fabia R5, Grössing im Ford Fiesta WRC.
Für Gerwald Grössing ist die Zielsetzung klar: „Letztes Jahr habe ich nur wegen einem technischen Defekt zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, nämlich unmittelbar vor dem Start zur letzten SP, die Rallye verloren. Dieser Stachel sitzt tief. Deswegen gehe ich heuer mit großer Vorfreude in diese schöne Rallye. Weil ich überzeugt bin, dass wir wie im Vorjahr absolut konkurrenz- und somit auch siegfähig sind.“ Eine ganz besondere Aktie hat Grössing noch dazu diesmal neben sich sitzen - Staatsmeister Bernhard Ettel. Grössing: „Weil Hermann Neubauer heuer nicht in der ORM fährt, hat Bernhard glücklicher Weise in Österreich Ressourcen frei. Es gibt keinen besseren Copiloten, er ist jener Klassemann, der mir noch zusätzliche Sekunden bringen wird.“
Raimund Baumschlagers Einsatz kommt etwas überraschend, denn eigentlich hatte der Rekordstaatsmeister in seinem BRR Rennstall kein Auto frei. Baumschlager: „Wir sind auch beim ERC-Lauf auf den Azoren im Einsatz, der einzige noch freie Skoda war eigentlich wie schon bei der Jännerrallye für Sebastian Kletzmayr reserviert. Der hat aber jetzt abgesagt, weswegen nun ich damit fahre. Ursprünglich wollt‘ ich sowieso im Rebenland starten, weil wir dort ja auch Sponsor sind, habe aber wegen der Auto-Situation bereits die Lavanttal-Rallye als Ersatz ausgewählt. Jetzt fahr‘ ich halt beide Läufe.“ Als eine Rückkehr in die ORM will Baumschlager sein nunmehriges Doppel-Gastspiel jedoch nicht sehen: „Ich habe immer gesagt, dass ich zwei, drei Meisterschaftsläufe bestreiten werde. Viel mehr lässt mein Zeitplan auch gar nicht zu. Am Sonntag nach der Rebenland-Rallye geht zum Beispiel schon um 7 Uhr in der Früh der Flieger nach Mexiko zum Testen, und von dort geht’s dann direkt zurück auf die Azoren.“
Doch der Kampf um den Sieg in Leutschach ist keineswegs auf einen Zweikampf beschränkt. Dafür sorgen noch -zig andere Spitzenpiloten aus dem In- und Ausland. Aus rotweißroter Sicht darf und muss man hierzu die beiden Oberösterreicher Johannes Keferböck und Gerhard Aigner zählen. Beide kommen mit breiter Brust und schnellen Autos in die Südsteiermark. Immerhin hat Johannes Keferböck im Ford Fiesta R5 bereits den Sieg bei der Jännerrallye im Gepäck, was den Weg für seinen diesmaligen Einsatz eigentlich erst ebnete. Keferböck: „Als Meisterschaftsführender bin ich ja praktisch verpflichtet, im Rebenland zu starten, obwohl ich diese Rallye noch nie gefahren bin. Also ist dort alles neu für mich. So gesehen, kann ich eigentlich nur alles auf mich zukommen lassen. Der Druck liegt bei den anderen – weil ich muss nur fahren, die anderen müssen punkten.“
Gerhard Aigner fuhr zum Saisonauftakt in Freistadt auf Platz zwei, hat somit ebenfalls Erfolgsluft inhaliert. Diesmal hat er seinen Ford Fiesta R5 sogar gegen ein noch stärkeres Ford Fiesta World Rally Car getauscht. Gerhard Aigner dazu: „Ich hoffe, dass das WRC-Abenteuer auch wirklich zustande kommt. Vom Finanziellen her fehlt mir noch eine Kleinigkeit, aber ich glaube, es zu schaffen, dass ich doch damit starten kann. Dann möchte ich meine Rallye-Philosophie, mit guten Autos immer besser zu werden, im Rebenland fortsetzen. Das ist mein dritter Start in Leutschach und mein insgesamt vierter Start mit einem WRC. Davon war ich zwei Mal auf dem Stockerl. Das ist eine gute Bilanz. Im Rebenland ist ein Top-five-Platz mein Ziel.“
Ein weiteres heißes Eisen ist wohl Niki Mayr-Melnhof, der kurz nach seinem Ausfall als klar Führender bei der Jännerrallye durch die Insolvenz seines Hauptsponsors einen weiteren herben Rückschlag hinnehmen musste, was auch jegliche WRC-Pläne des Steirers abrupt beendete. Dass er jedoch innerhalb kurzer Zeit doch noch ein konkurrenzfähiges R5-Projekt aufstellen konnte, verdankt er einem persönlichen Kraftakt und beschert der österreichischen Rallye-Staatsmeisterschaft einen Titelkandidaten mehr. Niki Mayr-Melnhof: „Es war klar, dass ich im Rebenland an den Start gehen muss, wenn ich um den Meistertitel mitfighten will. Zum Glück ist es noch gelungen, ein Projekt mit einem Ford Fiesta R5 auf die Beine zu stellen. Ganz unter Dach und Fach ist es zwar noch immer nicht, aber ich bin zuversichtlich, dass wir das bis kurz vor der Rallye hinkriegen. Sportlich gesehen wird es dann sicher ein hartes Stück Arbeit, um gegen die World Rallye Cars zu bestehen, aber wir hoffen auf einen fairen Kampf und sind bereit dazu, diesen anzunehmen.“
Der Oberösterreicher Gerald Rigler (Ford Fiesta R5), der Tiroler Hans-Peter Haid (Hyundai i20 R5) und der stets hochmotivierte Steirer Stefan Fritz (Skoda Fabia S2000) komplettieren ein bärenstarkes nationales Starterfeld in der stärksten Klasse.
Der Topstar aus ausländischer Sicht heißt im Rebenland Jan Cerny. Der 27-jährige Tscheche kommt mit einem brandneuen R5-Projekt nach Leutschach. Und zwar so brandneu, dass die Marke des Fahrzeugs noch gar nicht bekannt ist, weil Cernys Sponsor dieses erst in zwei Tagen der Öffentlichkeit präsentieren will. Was kein Geheimnis ist, sind Jan Cernys Erfolge: zweifacher tschechischer 2WD-Champion (2012, 2013), zweifacher 2WD-Europameister (2010, 2012).
Einen Skoda Fabia R5 bringt in der Klasse 1 auch der Deutsche Toppilot Thomas Wallenwein an den Start. Er kann sich zwar in der Gesamtwertung klassieren, ist aber genauso wie seine Landsmänner Stefan Göttig (Skoda Fabia R5), Hermann Gassner sen. und Hermann Gassner jr. (beide im Mitsubishi Evo X) nur für den Mitropacup und nicht für die ORM punkteberechtigt.
Das ungarische R5-Quintett Pál Lovász (Hyundai i20 R5), Szabolcz Várkonyi (Hyundai i20 R5), Gergely Fogasy (Peugeot 208 R5), Laszlo Bodolai (Ford Fiesta R5) und Andras Hadik (Ford Fiesta R5) hingegen darf ebenso wie der Slowake Vlastimil Majerčák (Ford Fiesta R5) und die Tschechen Roman Odloźilik (Ford Fiesta R5) und Tomas Pospisilik (Skoda Fabia R5) sehr wohl in der heimischen Meisterschaft Punkte einfahren.
Mit drei World Rally Cars und 16 R5-Boliden weist die Rebenland-Rallye 2018 letztendlich in der Klasse 1 ein Starterfeld auf, das wohl keinerlei Konkurrenz in Europa scheuen muss.